Heute hat mal kein Wecker geklingelt. Endlich mal ausschlafen. Als Norbert und ich aufgewacht sind, war auf einmal schon heller Tag und die Putzfrau wirbelte durchs Zimmer. Dafür waren unsere Menschen nicht mehr da. Was sollte das denn jetzt auf einmal?
Als sich die kreischende Putzfrau wieder beruhigt hatte, haben wir uns dann auch unter der Bettdecke herausgetraut (jeder unter seiner natürlich) und sind erst einmal zum Frühstück gegangen, in der Hoffnung, unsere Menschen da zu finden. Dummerweise hatte das Personal was gegen uns und hat uns mit dem Besen wieder rausgescheucht. Hmpf.
Da unsere Menschen immer noch nicht zu finden waren, sind wir dann unauffällig in Richtung Pool gegangen und haben es uns dort Nahe der Bar in einem Gebüsch bequem gemacht und Menschen beobachtet um das, was uns schon in den letzten Tagen in der Bar aufgefallen ist, noch einmal in Ruhe und freier Wildbahn zu erforschen. Was wir dabei herausbekommen haben, ist einfach zu gut, um es euch vorzuenthalten…
Als wir im Laufe des Tages in Richtung Strand wechselten, haben wir dann auch unsere Menschen wiedergefunden. Die haben sich einfach an den Strand verpieselt und in die Sonne gehauen. Aber anscheinend haben die Beiden da auch nur Leute beobachtet. Aber kommen wir aber nun zu den Ergebnissen unserer Feldstudien. Es gibt – wie so oft – mehrere Grüppchen, die sich nicht nur in Alter und Kleidung voneinander unterscheiden, sondern auch wo sie sich aufhalten und wie sie sich benehmen.
Da haben wir zunächst die eher unauffäligen mehr oder weniger großen Familien, die mehr oder weniger friedlich den urlaub mit ihren mehr oder weniger nervigen Kindern den Urlaub verbringen. Diese sind Saisonbedingt in der Unterzahl und werden hier als erstes und zum letzten mal erwähnt.
Spannender sind dann schon die Eltern die mit den erwachsenen Kindern nebst verschwiegertem oder wenigstens fest verbandeltem Anhang reisen. Bei der Konstellation Vater, Mutter, Tochter und Schwiegersohn beobachtet man ganz hervorragend und immer folgenden Stereotyp: Vater benimmt sich die meiste Zeit eher wie Sau, Schwiegersohn bemüht sich nach Kräften bloß nix falsch zu machen und den ohne hin schon außer Rand und Band geratenen Vater zusätzlich zu reizen und Mutti und Tochter rollen in verschiedenen Arten aber meistens synchron die Augen.
Noch interessanter wird es dann, wenn der Sohn so circa 45 Jahre alt ist, so aussieht, als wäre er „Schwiegertochter gesucht“ entsprungen und seine Freundin-Frau-Verbandelte-Lebensabschnittsgefährtin höchstens 25 Jahre alt ist und ihm auch noch ähnlich sieht. Meinen ganz persönlichen Schluss daraus lasse ich jetzt mal hier weg und schreibe nicht, dass die aussieht wie seine Schwester.
Oh, huppala…
Ausser den Familien gibt es auch noch den Karten-, Frühstücks,- Bingo- oder sonstigen illusteren Club. Er besteht aus vier bis drölfzehn Frauen zwischen 45 und 95 und ist meistens am lauten Gekicher und Gekreische zu erkennen. Egal ob am Frühstücksbuffet, am Pool und in der Poolbar, am Strand oder Abends in der Hotelbar – wo sie sind, ist Stimmung. Mit steigendem Pegel wird dann natürlich auch jeder Mann, der annähernd in die Zielgruppe „UHu“ (unter Hundert) passt, behuhut, angezwinkert oder bewunken. Einzeln sind die Mitglieder dieser Clans eher selten anzutreffen (höchstens auf Klo, aber selbst da sind wir uns mangels Daten nicht sicher). Dafür kann man der Gruppe selber mehr als gut aus dem Weg gehen, wird man doch akustisch bestens vorgewarnt.
Die meisten alten Leute – und ja, die meisten hier sind alt – sind jedoch als Pärchen hier, allerdings als Rudelpärchen. Unschwer zu erkennen an lauten und recht kommunikativen Frauen in Gruppen und danebensitzenden, meist eher schweigsamen Herren, die gelegentlich mal via Kopfnicken miteinander kommunizieren. scheinbar sind die Herren alle aus Norddeutschland und die Frauen aus Laberistan oder so, meint Norbert.
Ein Pärchen stach heute besonders hervor: Sie, Ende 40 bis Anfang 50, braungebrannt und mit viel zu wenig Klamotten am Leib unterwegs und Er, maximal Ende 20, Möchtegern-Muskelpaket mit auf Krampf cooler Frisur aber ansonsten nutzlosem Kopf.
Dummerweise wurde die erste Vermutung (Norbert: „Ganz klar, das ist nen Toyboy. Ihr Mann geht zur Arbeit und sie hat Spaß…) durch das Verhalten von ihm sowas von unterstützt. Und übrigens: wer Raki-Cola trinkt, macht noch ganz andere Sachen.
Sehr interessant ist noch, dass sich einige Begebenheiten durch alle Stereotypen hindurchziehenden. Anscheinend haben nicht nur wirklich alle (!) ihren gesamten Kleiderschrank eingepackt und führen diesen hier spazieren (wie sonst kann man sich 3 Mal am Tag umziehen ohne etwas doppelt zu tragen. Eine Woche lang.
An Pool und Strand bricht wie üblich jeden Morgen eine mittlere Schlacht um die Sonnenliegen aus, obwohl bei derzeitiger Belegung mehr als genug davon hier herumstehen. Trotzdem wird mit allen Mitteln und verbissen um die Wunschliege in der Sonne oder im Schatten gekämpft. Handtücher wegnehmen ist da noch harmlos.
Ausserdem flippen die Meisten hier sowas von aus, wenn Musik gespielt wird, egal wie schlecht diese ist… Heute beehrt uns an der Bar, an welche unsere treulosen Menschen uns dann wenigstens mitgenommen haben nachdem sie sich den ganzen Tag ohne uns vergnügt haben, der Onkel vom vorigen Bontempiman. Mitgebracht hat er heute seinen schlecht gelaunten Bruder Yasin, der motivstionslos an der Gitarre rumzupft. Der Onkel-Bontempiman singt heute selbst. Alles was die dunkle Seite der deutschen Musik so hergibt. Also nicht die coole Grufti-Mukke, sondern mehr so die Grabgesänge aus der Schlagerecke. Reden wir nicht lange um den heißen Brei rum: es ist die Hölle. Ja, genau richtig, DIE Hölle. Die Wolle-Petry-Matten-Gedächtnis-HölleHölleHölleHölle. Mittlerweile wirken aber die unzähligen bunten Schirmchendrinks und wir sind alle betrunken. Warten nur darauf, das die nette Putzfrau von heut früh uns wieder in unser Zimmer fegt.
Morgen ist Ausflug, sagt mein Mensch. Scheiße sag ich. Dann klingelt ja wieder der Wecker so früh. Aber diesmal dürfen wir mit, sagt er. Das entschädigt ein wenig. Gute Nacht, Ameisenhaufen. Hicks.